Währenddessen in Frankreich: Preise und Verkaufszahlen

Während das Hickhack um die Verleihung des Grand Prix in Angoulême in den vergangenen Tagen viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, sind weitere Comicpreise in Frankreich vergeben und offizielle Verkaufszahlen bekannt gegeben worden.

• Der Prix France Info de la BD d'actualité et de reportage 2016 geht an "Catharsis", die autobiografischen Aufzeichnungen des ehemaligen Charlie Hebdo-Mitarbeiters Luz, die als Reaktion auf den Anschlag vom 7. Januar 2015 entstanden. Wie er auf der Verleihung des vom französischen Radio vergebenen Preises angab, könne er sich "Catharsis" selbst nicht mehr ansehen. Er arbeite derzeit an ein Adaption des 1972 veröffentlichten autobiografischen Romans "Ô vous, frères humains" von Albert Cohen.
Eine Leseprobe der deutschsprachigen Ausgabe findet sich hier.
• "Catharsis" war ebenfalls nominiert für den von der Handelskette gestifteten Prix FNAC, in der 30 Titel umfassenden Auswahl gewann jedoch der Humortitel "Le grand méchant renard" von Benjamin Renner. Bisher ist eine deutschsprachige Veröffentlichung der Geschichte um den dämlichen Fuchs nicht vorgesehen.
• Der Prix Artémisia, mit dem jährlich ausdrücklich ein Band einer Autorin ausgezeichnet wird, geht 2016 an Sandrine Revel für ihren biografischen Comic "Glenn Gould, une vie à contretemps". Der Band über den enigmatischen Pianisten ist bisher ebenfalls noch nicht in Deutschland angekündigt, angesichts der Vielzahl in den vergangenen Jahren erschienenen biografischen Comics scheint eine zukünftige Veröffentlichung aber nicht unwahrscheinlich. erscheint in Deutschland im März bei Knesebeck. Über die Preisverleihung am vergangenen Wochenende berichten TV5 Monde und actuabd.com.
Mit dem Prix Artémisia wurden in den vergangenen Jahren gleich zwei Bücher deutschsprachiger Künstlerinnen ausgezeichnet: 2011 ging der Preis an die französische Ausgabe von "Heute ist der letzte Tag vom Rest Deines Lebens" von Ulli Lust und 2015 an "Irmina" von Barbara Yelin.

Der Comic-Journalist Paul Giner hat eine Liste der bestverkauften französischen Comics des letzten Jahres , die ihrerseits vom Branchenmagazin Livres Hebdo zusammengestellt wurde. Mit Abstand bestverkaufter Titel ist natürlich der neue, 36. Band von "Asterix", der nicht nur die Comic-Hitliste anführt. Mit über 1,6 Millionen verkauften Alben liegt der Band auch an der Spitze der bestverkauften Bücher in Frankreich überhaupt – noch vor dem internationalen Bestseller "Grey" von E.L. James. Vom Ableger der Erotik-Trilogie "50 Shades of Grey" gingen 624.600 Exemplare über den Tresen. Zum Vergleich noch einmal die kürzlich veröffentlichte Liste der der französischen Vereinigung der Comic-Kritiker und -Journalisten ACBD der Comics mit den höchsten Auflagen 2015:

2.250.000 Ex. "Astérix #36" von Didier Conrad & Jean-Yves Ferri (Albert-René)
550.000 Ex. "Titeuf #14" von Zep (Glénat)
310.000 Ex. "Le Chat #20" von Philippe Geluck (Casterman)
300.000 Ex. "Corto Maltese #13" von Rubén Pellejero & Juan Díaz Canales (Casterman)
300.000 Ex. "Largo Winch #20" von Philippe Francq & Jean Van Hamme (Dupuis)
230.000 Ex. "L’Arabe du futur #2" von Riad Sattouf (Allary Éditions)
210.000 Ex. "Les Vieux Fourneaux #3" von Paul Cauuet & Wilfrid Lupano (Dargaud Benelux)
180.000 Ex. "Les Légendaires #18" von Patrick Sobral (Delcourt)
170.000 Ex. "Les Nombrils #7" von Delaf & Maryse Dubuc (Dupuis) und "One Piece #75" von Eiichirô Oda (Glénat mangas)

Direkte Vergleiche und Bezugnahmen sind hier nicht einfach, erschienen doch viele der auflagenstärksten Titel wie "Titeuf #14", "Le Chat #20", "Largo Winch #20", "Les Vieux Fourneaux #3" oder "Lex Légendaires #18" erst im Oktober oder November. Das gilt zwar auch für "Asterix #36", die schieren Zahlen sprechen aber dafür, dass die Serie weiterhin ein eigenes Hype-Phänomen darstellt. Hervorzuheben ist aber, daß sich mit Riad Sattoufs "L'Arabe du Futur 1" sowie den beiden ersten Teilen von "Les Vieux Fourneaux" ("Die alten Knacker") gleich drei Titel aus dem Jahr 2014 auf der Liste finden. Ersterer profitiert in Frankreich davon, wie beispielsweise das thematisch ähnlich gelagerte "Persepolis" Anfang der 2000er, sowohl das Buch-, wie auch das Comicpublikum anzusprechen (Allary Éditions veröffentlicht neben den Büchern Sattoufs ausschließlich Romane und Sachbücher.). Die Zahlen von "Les Vieux Fourneaux" zeigen, wie eine bereits laufende Serie enorm an Popularität gewinnt – das hilft auch der Backlist.

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Abbildungen © Luz – Futuropolis / Gallimard, © Renner – Shampooing / Delcourt, © Revel – Dargaud