Stilübungen (99): Kein Matt

Jetzt ist auch noch Matt verschwunden...
Mit der neunundneunzigsten Variation enden heute die Stilübungen. Kaum zu glauben, gefühlt startete die Serie erst vor ein oder zwei Wochen, aber nach den Veröffentlichungen Mittwochs und Samstags ist jetzt ein gutes Jahr herum, in dem die kurze Szene, in der Matt die Stufen herunterläuft und auf dem Weg vergisst, "was zum Henker" er am Kühlschrank eigentlich wollte, immer wieder neu dargestellt wurde: In verschiedenen Zeichenstilen, mit diversen Einschränkungen oder weiteren Kniffen zeigte Matt Madden spielerisch die Besonderheiten und Möglichkeiten des Comics. Es war mir eine Freude, "99 Ways to tell a Story – Exercises in Style" ins Deutsche übertragen zu dürfen.
Vielen Dank an Matt Madden, der hierfür die Erlaubnis gab und das Entstehen der deutschsprachigen Version auf viele Arten unterstützte. Derzeit zeigt die Galerie etHALL in Barcelona Blätter aus seinem neuen Projekt "20 Lines", in dem er erkundet, wie viel sich mit genau zwanzig Linien auf einem Blatt ausdrücken lässt. Einige Beispiele davon gibt es hier zu sehen.
Vielen Dank an Matthias Wieland, der die Stilübungen übersetzte und viele Seiten auch letterte. Ihn kann man zum Beispiel am Sonntag in Hamburg erleben, wenn er aus Marc Boutavants Kinderbüchern liest.
Vielen Dank an Olav Korth, der für ein gutes Dutzend der Stilübung das Handlettering beisteuerte. Neben seinen Comic-Letterings hat er zuletzt an der deutschen Version von Doug Dorsts und J.J. Abrams "S." mitgewirkt. Ein Großprojekt.
Natürlich auch vielen Dank an euch, die Leserinnen und Leser. Ich hoffe, ihr wurdet gut unterhalten und hattet vielleicht den ein oder anderen "Aha!"-Moment.
Sämtliche Stilübungen lassen sich ab sofort hier ansehen.
Bisher zeigte die Liste nur die letzten Episoden, jetzt werden alle 99 Einträge aufgelistet.
Zunächst wird es keinen direkten Ersatz, keinen neuen Webcomic, an dieser Stelle geben. Was aber nicht heisst, dass das für die Zukunft ausgeschlossen ist: Ideen sind vorhanden.



Autor der "Stilübungen" ist der Amerikaner Matt Madden, der sich als Comic-Autor und -Lehrender einen Namen gemacht hat. So stammen von ihm unter anderem die in Zusammenarbeit mit seiner Lebensgefährtin Jessica Abel entstandenen Sachbücher 








Kurz vor dem Ende der Serie eine ganz naheliegende Variation: In der heutigen
Ein verunsicherndes Gefühl stellt sich ein, irgendetwas stimmt hier nicht. Eigentlich lag da doch ein anderer Hut auf dem Kühlschrank... Spricht man über Konsistenz im Comic, zum Beispiel durch die Beibehaltung von Gestaltungsweisen und des Erzähltons, die beide natürlich gemäß der Geschichte angepasst werden, darf auch eine bestimmte Logik nicht vergessen werden, die man im Film Continuity oder Anschluss nennt. In den aufeinanderfolgenden Bildern sollten zum Beispiel Gegenstände im Hintergrund ihre Position behalten oder Kranke ihre Krücke nicht mal rechts und mal links benutzen. Beim Film werden dafür häufig eigene Mitarbeiter angestellt, Comiczeichnerinnen und -zeichner müssen selbst aufmerksam sein. Und zusätzlich das grundsätzliche zeichnerische Können mitbringen, damit nicht eine zu große Variation zum Beispiel bei den Gesichtern für Verwirrung sorgt.
Einen Sonderfall bei Comics sind die Problemstellungen der Continuity großer Erzählungen, zum Beispiel der zusammenhängenden Superhelden-Universen von Marvel und DC. Hier geht es vor Allem um inhaltliche Konsistenz, denn schon durch die Vielzahl der monatlich erscheinenden Titel muss auf Grundsätzliches aufgepasst werden. Dass ein kürzlich im einen Heft gestorbener Charakter nicht in einem anderen wieder auftaucht als wäre nichts gewesen. Solche Sachen. Auch um die Erzählungen, die oftmals über Jahre und Jahrzehnte gewachsen sind, für Neueinsteiger interessant zu machen, greifen die Verlage immer wieder (und immer öfter) zum Mittel des Reboots, also des Neustarts einer Serie oder des ganzen Erzählkosmos, um auf die unübersichtliche Vielzahl von Details, die frühere Erzählungen mit sich brachten, nicht mehr achten zu müssen.

