Angoulême: Hermann, Moore & Wendling stehen zur Wahl

Die Organisatoren des Festivals in Angoulême haben die drei Künstler , die nun zur Wahl zum Grand Prix stehen, es sind Hermann, Alan Moore und Claire Wendling.

Dass die Wahl nun gerade auf diese drei KünstlerInnen fällt, wirft einmal mehr kein gutes Licht auf den Abstimmungsverlauf: Zunächst ist Claire Wendling auf der Shortlist zu begrüßen, zeigt sich doch so, dass der Protest sinnvoll gewesen war: Die Wählerschaft wollte eine Frau. In Deutschland ist die Zeichnerin weniger bekannt, wurde bisher einzig ihr Fantasy-Fünfteiler "Die Lichter des Amalou" (Text: Christophe Gibelin) ins Deutsche übertragen, der ursprünglich in der ersten Hälfte der 1990er erschien und zuletzt 2009 von Carlsen aufgelegt wurde. Das weitere Oeuvre der heute nicht mehr als Comiczeichnerin aktiven Wendling ist bei Weitem nicht so umfangreich wie das von Hermann Huppen und dem Szenaristen Alan Moore, von denen auch eine Vielzahl von Titeln auf deutsch vorliegt, ob Hermanns Serien "Jeremiah" und "Andy Morgan" (Szenario: Greg) oder Moores "Watchmen" (Zeichnungen: Dave Gibbons) und "From Hell" (Zeichnungen: Eddie Campbell). Letztere hatten im vergangenen Jahr, als sie ebenfalls auf der Shortlist geführt wurden, bekannt gegeben, eine etwaige Auszeichnung nicht entgegennehmen zu wollen. Zumindest Hermann ließ sich kurz darauf von Freunden und Kollegen dazu überreden, im Zweifelsfall doch den Grand Prix zu akzeptieren. Ob mit dem alten oder neuen Wahlmodus, nun stehen wieder zwei zumindest widerwillige Kandidaten zur Auswahl – keine gute Ausgangslage für einen ruhigen Wahlverlauf. Es ist unwahrscheinlich, dass die Kritik am Grand Prix und dem Modus seiner Ermittlung nun abbrechen wird.

Vorausgegangen war, wie an dieser Stelle mehrfach berichtet, breiter Protest gegen die ursprüngliche, 30 Namen umfassende Nominierungsliste, auf der keine Frau aufgeführt war. Nachdem eine Welle der Entrüstung über die Festivalorganisatoren hineingebrochen war und ein Drittel der nominierten Künstler ihre Streichung von der Liste verlangt hatte, wurde zunächst erwägt, die Liste um einige Künstlerinnen zu ergänzen, dann aber eine gänzlich freie Abstimmung durchgeführt. In der nun abgeschlossenen, ersten Abstimmungsrunde konnten die Stimmberechtigten drei Namen ihrer Wahl eingeben. Zur Abstimmung zugelassen waren alle in Frankreich veröffentlichten Comic-AutorInnen.

Besonders Festivalchef Franck Bondoux hatte in Interviews zur Kritik an der ursprünglichen Nominierungsliste, die oftmals auch weitere Kritik an der Organisation und Durchführung des Festivals beinhaltete, keine gute Figur gemacht und sich mehrfach in Widersprüche verstrickt. Außerdem sorgte die Tatsache, dass Claire Bretécher nicht zur Wahl zugelassen wurde, bestenfalls für Verwunderung. Begründet wurde der Schritt damit, dass die in Frankreich sehr bekannte und geschätzte Künstlerin bereits einen Sonderpreis erhalten hatte. Das trifft jedoch auch auf Joann Sfar zu, der jedoch zur Wahl zugelassen war.

Die finale Abstimmungsrunde wird in Kürze eröffnet, der oder die SiegerIn im Rahmen des Festivals, das morgen in einer Woche startet, bekannt gegeben am Vorabend des ersten Festivaltags, also am Mittwoch, dem 27. Januar.

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Abbildungen © Hermann – Erko, © Miller, Gibbons – Panini, © Gibelin, Wendling – Carlsen

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